1884 – Eine Blütezeit der Turnbewegung.

83 Männer in Witzhelden gründeten den Turnverein Witzhelden.

Das 2. Deutsche Reich war gerade 13 Jahre alt und Wilhelm I. seit dieser Zeit Kaiser. Er sollte noch 4 Jahre regieren. Sein Reichskanzler war der ehemalige preußische Ministerpräsident Bismarck, der mit harter Hand regierte und daher den Namen „der eiserne Kanzler“ erhielt. In Afrika entstanden die ersten deutschen Kolonien in Togo und Kamerun.

Das war die Zeit, in der sich 83 Männer in Witzhelden zusammenfanden und den Turnverein Witzhelden gründeten.

Es war auch die Zeit der Erfindungen und Entdeckungen. 1879 stellte Siemens die erste elektrische Eisenbahn vor, im Jahre 1883 fuhr das erste Motorrad von Daimler, 1885 sein erster Benzin-Kraftwagen. Robert Koch entdeckte 1883 den Cholera-Erreger, 1884 wurden die Erreger von Diphterie und Wundstarrkrampf erkannt. Viele wichtige Erfindungen folgten erst einige Jahre später: 1887 Schallplatte, 1895 Röntgenstrahlen, im gleichen Jahr Film, 1896 Telegraphie und erst 1902 das Telefon. 1891 gab es den berühmten ersten Gleitflug von Otto Lilienthal.

Gründung neuer Turnvereine

Es war eine Zeit des Umbruchs und der Neuerungen. Dies betraf im Besonderen auch die Turnbewegung. Im ganzen Deutschen Reich und in Deutschösterreich gab es 1879, also 5 Jahre vor der Gründung des Vereins, ungefähr 1800 Turnvereine mit 170 000 Mitgliedern, die in 17 Kreise und diese wiederum, wie auch heute noch, in Gaue gegliedert waren. Alle Vereine waren seit 1860 im Verband der Deutschen Turnerschaft (DT) zusammengefasst.

Im Bergischen Land gab es schon 1861 den TV Remscheid, seit 1867 die Burscheider Turngemeinde. Im gleichen Jahr wie der TV Witzhelden wurde auch der Turnverein Größösinghausen gegründet. Seit 1880 bestand in Solingen der Solinger Turnerbund, bereits seit 1876 die Turngemeinde Burg. Noch nicht existent waren Vereine wie Bayer Leverkusen (1904), BSV Solingen (1898) und die Turngemeinde Hilgen (1904).

Im heutigen Leichlingen war schon 1883 der TV Leichlingen gegründet worden, 1884 folgten der Turnverein Metzholz, 1887 der Wupperthaler Turnverein zu Fähr und 1889 der Wupperhofer Ruderclub. Die Gründungsjahre zeigen, dass das Ende des 19. und der Anfang des 20. Jahrhunderts die Blütezeit der Turnbewegung war.

Friedrich Ludwig Jahn, der „Turnvater“

Wer einen Rückblick auf die Entwicklung der Turnbewegung vornimmt, kommt an Friedrich Ludwig Jahn nicht vorbei. Der „Turnvater Jahn“, wie er später genannt wurde, gab bereits im Jahre 1811 den Leibesübungen im Verein den Namen „Turnen“. Im gleichen Jahr eröffnete er in der Hasenheide in Berlin den ersten Turnplatz. Von 1819 bis 1842 verhängte die Regierung eine sog. Turnsperre, d. h. alle Turnplätze mussten geschlossen werden. Der Staat sah damals diese Plätze „als die Stätten der politischen und demagogischen Umtriebe“ an. Jahn selbst erhielt Festungsarrest und wurde erst 1825 freigesprochen. Aber auch diese Maßnahmen konnten die Jahnschen Ideen nicht aufhalten, und am 6. Juni 1842 schließlich wurde die Sperre aufgehoben und gymnastische Übungen für männliche Jugendliche in den Schulen Preußens eingeführt. Friedrich Wilhelm von Preußen sah die Leibesübungen nun „als einen notwendigen und unentbehrlichen Bestandteil der männlichen Erziehung“ an und nahm das Turnen „in den Kreis der Unterrichtsgegenstände“ auf. Turnvater Jahn starb am 14. Oktober 1852, ohne den einsetzenden Siegeszug seiner Turnbewegung erlebt zu haben.
Die (Turn-) Gemeinde Witzhelden

Das Dorf Witzhelden war erst am 28. Februar 1851 eine eigenständige Gemeinde geworden und besaß seit diesem Jahr eine eigene Bürgermeisterei. Witzhelden hatte damals 2130 Einwohner in 479 Familien. Die Menschen lebten teils von der Landwirtschaft, teils vom Handwerk, wobei die Weberei eine dominierende Stellung einnahm. Es war eine sehr arme Gemeinde, da es an Verbindungsstraßen zu den umliegenden Orten fehlte und sich daher keine Industrie in Witzhelden ansiedelte. Bürgermeister Gottlieb Claasen schrieb 1852: „Die Verarmung schreitet immer weiter fort. Wer 2 oder 3 Kühe hat, gilt hier als ein großer Bauer.“ Da alle Versuche, an das Eisenbahnnetz angeschlossen zu werden und Verbindungsstraßen zu den umliegenden
Orten zu bekommen, scheiterten, baute die Gemeinde im Jahr 1869 durch Hand- und Spanndienste eine eigene Straße nach Glüder. Diese wurde aber erst 1895 von der Stadt Solingen nach Solingen weitergebaut. Die Verbindungsstraße WitzheIden-Solingen über Wupperhof entstand in den Jahren 1912/13.

Trotz enormen Wachstums der Gesamtbevölkerung des Deutschen Reiches blieb die Einwohnerzahl Witzheldens bis 1900 nahezu konstant und schwankte zwischen 2000 und 2200 Einwohnern. Dies ist durch die auch in Witzhelden einsetzende Landflucht zu erklären. Die wirtschaftlichen Verhältnisse im Höhendorf waren zu schlecht, um auf Dauer die Menschen halten zu können. Die sich rasch entwickelnde Industrialisierung bot Arbeitsplätze und brauchte Arbeitskräfte, die die Städte selbst nicht in ausreichendem Maße stellen konnten. So zog über das 19. Jahrhundert hinaus ein nicht endender Strom dörflicher Bevölkerung in die neu entstehenden Industriegebiete und ließ die bestehenden Städte stark anwachsen. Auch in die „Neue Welt“ nach Amerika zog es damals viele Menschen, zu denen auch einige Witzheldener gehörten.

Erst durch die ausgebauten neuen Verkehrswege erlebten Landwirtschaft und Handwerk in Witzhelden einen Aufschwung und zu Beginn des 20. Jahrhunderts siedelten sich auch einige kleinere Industriebetriebe an. Ein wichtiger Schritt war weiterhin die Inbetriebnahme der ersten Autobusverbindung durch die Gebrüder Wiedenhoff nach Solingen im Jahr 1913, der bald auch Verbindungen nach Burscheid, Hilgen und nach Leichlingen folgten.

So war die Situation vor dem 1.Weltkrieg recht vielversprechend, wurde durch diesen aber, wie überall in Deutschland, schwer erschüttert.

Die Gründungsstatuten von 1884

Aufgrund der geringen Einwohnerzahl ist es schon etwas verwunderlich, dass 83 Gründungsmitglieder die Statuten des neuen Turnvereins unterzeichnet haben. Man kann vermuten, dass es schon vor dem Jahre 1884 rege sportliche Aktivitäten gab, die dann nach und nach zu einer solch großen Interessengemeinschaft geführt haben.

Die Statuten wurden am 5. August vorgelegt und am 6. September vom damaligen Bürgermeister Carl Voswinkel genehmigt. Voswinkel war gleichzeitig auch der 1.Vorsitzende des neuen Vereins.

TVW - Carl Voiswinkel

Weiterhin gehörten dem Vorstand an:

Julius Kocks (Turnwart I), Richard Killing (Turnwart II), Friedrich Wirths (Schriftwart), Robert Stamm (Kassenwart), Julius Kregeloh (Zeugwart).

Bemerkenswert: Dem Turnrat gehörten im Gründungsjahr drei Lehrer an. Turnwart Julius Kocks war Lehrer in Herscheid, Schriftwart Friedrich Wirths Lehrer in Witzhelden und Kassenwart Robert Stamm Lehrer in Kuhle. Wir können annehmen, dass sie das Turnen im Verein den schulischen Richtlinien gemäß beeinflussten.

Die auf 11 Seiten säuberlich geschriebenen und in 38 Paragraphen gegliederten Statuten des Witzheldener Turnvereins geben einen umfassenden Eindruck über das damalige Vereinsleben.

§ 1 der Statuten befasst sich mit dem Zweck des Witzheldener Turnvereins.

§1
„Der Zweck des Witzheldener Turnvereins soll der sein, durch körperliche Übungen und freie Unterhaltungen in Versammlungen ein gesellschaftliches Zusammenhalten der Mitglieder zu fördern und sie körperlich und geistig tüchtig zu machen.“

Der Turnverein hatte damals also neben der sportlichen auch eine gesellschaftliche Aufgabe. Diese ist ohne Zweifel auch heute noch gegeben.

Frauen durften noch nicht mitturnen. Von Emanzipation der Frau war damals aber noch keine Rede, denn es durfte nur „jeder unbescholtene Mann“ Mitglied werden. Zudem musste er das 16. Lebensjahr erreicht haben. Der Turnverein war, wie wir sehen, von Beginn an ein reiner „Männerclub“, in dem Frauen nichts zu suchen hatten.

Turnen nach festen Regeln

Die Paragraphen 11 und 12 der Statuten zeigen, dass im Turnverein von 1884 strenge Sitten herrschten.

§ 11
„Wenn ein Mitglied des Turnraths ohne genügende Entschuldigung dreimal nacheinander die Turnrathssitzungen oder Generalversammlungen versäumt, so wird dasselbe als aus dem Turnrath ausgeschieden betrachtet, und es muß der Turnrath alsbald eine Ergänzungswahl veranlassen“.

§ 12
„Ein jedes Turnraths-Mitglied ist dem Verein für alle seine Handlungen verantwortlich“.

Die Paragraphen 16 und 17 regeln die Beitragsfrage:

§ 16
„Zur Bestreitung der Aufgaben des Turnvereins zahlt jeder Turner und Turnfreund ein Eintrittsgeld von einer Mark und einen monatlichen Beitrag von 30 Pfennigen – die Gründer des Vereins zahlen kein Eintrittsgeld.“ Ob vielleicht deshalb so viele Gründungsmitglieder den Verein aus der Taufe gehoben haben?

§ 17
„Wer mit dem monatlichen Beitrag sechs Monate im Rückstand bleibt, hört auf Mitglied zu sein.“

Um einen Vergleich des Geldwertes anstellen zu können, muss man wissen, dass ein Turnbarren aus Eisen damals 57 RM kostete (Unterlagen des Stadtarchivs Leichlingen über den Ankauf eines solchen Barrens im Jahre 1894 durch den Lehrer Korspeter, Kuhle.)

In weiteren 12 Paragraphen wird dann die Turnordnung des Vereins dargelegt. In dieser Turnordnung heißt es unter anderem:

§ 26
„Die Übungen finden regeImäßig jeden Mittwoch und Samstag unter Leitung des Turnwarts während der Zeit von 9- 11 Uhr Abends statt.“

§ 33
„In der Regel soll an jedem Geräthe keinesfalls über 1/2 Stunde geturnt werden.“

§ 36
„Während des Turnens ist den Übenden der Genuß von Getränken, sowie das Rauchen untersagt. Ebenso sind störende Reden und Handlungen, Kritisieren der Übungen, müßiges Lagern auf den Geräthen und Matratzen, sowie Umherlaufen in der Halle untersagt. Bei den Freiübungen ist überhaupt jedes Sprechen verboten.

II. 1885 – 1913

Wenige Erinnerungsstücke

Leider fehlen aus der Zeit von 1884 bis nach dem 1. Weltkrieg, wie auch weiterhin bis 1946, jegliche schriftlichen Aufzeichnungen des Vereins. Die Protokollbücher der Versammlungen, die mit Sicherheit einiges über das Vereinsleben hätten berichten können, sind leider nicht mehr vorhanden.

Dass sich der Verein seit 1884 stetig weiterentwickelte, können wir allerdings den wenigen vorhandenen Erinnerungsstücken entnehmen. So erhielt der Vorstand im Jahre 1968 eine Nachricht aus Viersen, dass sich dort ein Glaspokal des Turnvereins befinden würde. Karl Schäfer und Herbert Becker, damals 1. Vorsitzender und Geschäftsführer des Vereins, fuhren nach Viersen und brachten ein außergewöhnliches Erinnerungsstück mit. Der Glaspokal wurde von der Firma W. Jähnichen in Solingen hergestellt. Die kunstvolle Verzierung zeigt, dass der Turnverein am 21. August 1898 einen Turnwettkampf veranstaltet hat. Der 2. Sieger am Barren bekam diesen Glaspokal als Preis. Er ist neben den Gründungsstatuten und der Fahne das einzige Relikt der TV-Geschichte aus dem vergangenen Jahrhundert.

Der Aufmerksamkeit einer Dame aus Solingen-Höhscheid ist es zu verdanken, dass der Turnverein im Besitz eines Briefes aus dem Jahr 1911 ist, in dem der Verein eine Kapelle für sein Stiftungsfest bestellt. Der Brief hat einen reich verzierten Briefkopf und ist an die „Löbliche Stadtkapelle Höhscheid“ gerichtet.

„Unser Verein gedenkt am Sonntag, den 24. September, sein Stiftungsfest durch Konzert und Ball zu feiern. Wir bitten um Offerte für 8 Mann Musik für Konzert und Ball. Sollten Sie auf Gestellung der Musik reflektieren, so müßten wir Sie bitten, die Offerte bis zum 22.d.Mts. einzusenden“.
Hochachtend
„Turn Verein Witzhelden“
I.A. Schmitz I. Schriftführer“

Diesem Brief, als einzigem schriftlichen Überbleibsel aus dieser Zeit, können wir doch einiges entnehmen. So war der Turnverein damals Mitglied der Deutschen Turnerschaft im Kreis VIII b des Niederbergischen Gaues. Er konnte es sich leisten, eine 8 Mann Kapelle zum Stiftungsfest zu bestellen, war also kein armer Verein mehr.

Turnen keine reine Männersache mehr.

Untenstehendes Foto, der älteste derartige Zeuge der Vereinsgeschichte, zeigt, dass schon kurz nach der Jahrhundertwende die Statuten des Turnvereins Witzhelden geändert worden sind oder zumindest nicht mehr so eng ausgelegt wurden. Im Jahr 1884 durfte nur jeder „unbescholtene Mann“ Mitglied im Turnverein werden; hier sind aber die Frauen und Mädchen der Damenriege von 1911 abgebildet. Das Foto beweist: der Verein ist nicht sehr lange ein „Männerclub“ geblieben. Der Turnwart der Damen war damals Richard Becker, der überall wegen seiner großen turnerischen Leistungen der „Barrenkönig“ genannt wurde.

Das Turnen der Damen unterschied sich damals noch erheblich von dem der Männer. Es wurde sehr viel mehr Wert auf den ästhetischen Charakter des Turnens gelegt. Wie auch z.T. heute noch, so turnte man nicht an
den Geräten Reck, Pferd, Bock und Barren, sondern führte gymnastische Übungen mit Keule, Stab, Reifen und Band durch. Wenn man sich die feinen, aber wohl recht unbequemen Turnkleider der Damenriege anschaut, kann man sich vorstellen, dass Geräteturnen auch mit einigen Schwierigkeiten verbunden gewesen sein muss.

Das Bild der Damenriege zeigt: Der Turnverein stellte etwas dar im Höhendorf. Dies bestätigt indirekt auch eine Anzeige des Wirtes der Kaiserhalle in einem Werbeprospekt des Verkehrsvereins Witzhelden von 1913. Walter Willing vermerkte sicherlich nicht ohne Stolz, dass seine Gastwirtschaft das Vereinslokal des Turnvereins war.

III. 1914-1945

Die Turnbewegung überlebt die Weltkriege

Mit Kriegsbeginn 1914, den auch viele Witzheldener mit „Hurra“ begrüßten, stoppten alle Aktivitäten der Turner, da auch viele Aktive des Turnvereins Witzhelden in den Krieg zogen. Die Freude am Turnen blieb erhalten, die Verwirklichung der Ideen Friedrich Ludwig Jahns ließ sich auch nicht durch Kriege und deren furchtbare Folgen aufhalten.

Die turbulenten Zwanziger Jahre

Nach dem 1.Weltkrieg wurde erst im Jahr 1920 wieder mit dem Turnbetrieb begonnen. Damals waren ungefähr 70 Turner im Verein. Die Übungsabende fanden samstags von 20 bis 23 Uhr im Saal der Kaiserhalle statt. Es wurde an allen Geräten geturnt. Während der spätere Bürgermeister Eugen Göddertz Vorturner am Pferd war, war Leo Wiedenhoff, Mitbegründer der Fa. Gebrüder Wiedenhoff, bester Turner an Reck und Barren.

In der Zeit von 1923 -25 war das Turnen international, denn in dieser Zeit nahmen Soldaten der englischen Besatzungstruppen der Ruhrgebietsbesetzung an den Übungen teil.

Die Vorsitzenden der damaligen Zeit waren August Speck, Hugo Roth und Richard Urbahn. Der letztere wurde in Witzhelden nur „de Urbahns Rich“ genannt und war als einer mit „nem eijene Kopp“ bekannt. So setzte er im Jahre 1926, ganz gegen den Willen des patriotischen Lehrers und Turnfreundes Stamm, den Wechsel von der Deutschen- zur Freien Turnerschaft durch. Diese Freie Turnerschaft, der Arbeiter Turnerbund Deutschlands, war bereits im Jahr 1893 in Gera aus der Taufe gehoben worden. Die Arbeiter Turn- und Sportbewegung war, wie der Name vermuten lässt, politisch gefärbt. Der sog. Arbeitersportverein erweiterte in Witzhelden das ursprüngliche Gebiet des Turnens hin zu einer Sport- und Spielbewegung: Man spielte Fußball auf dem Sportplatz am unteren Scharweg.

Die Ereignisse in dieser Zeit überschlagen sich fast, und es ist sehr schwer, aus z.T. widersprüchlichen mündlichen Berichten alter TVler die wahrhaftige Abfolge der Entwicklung darzustellen. Mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit hat es sich folgendermaßen zugetragen: Im Jahr 1926 schloß sich der Turnverein dem Arbeitersportbund an. Man wechselte das Vereinslokal und zog zum Haus Klippenberg in Oberbüscherhof. Dort im Saal wurde auch geturnt. 1928 kehrten die Turner wieder zur Kaiserhalle zurück und schlossen sich wieder der Deutschen Turnerschaft an. Im gleichen Jahr, vielleicht als Gegenpol zum Fußballspiel im Arbeitersportverein, bildete man eine erste Handballmannschaft. Weiterhin gründete der Turnverein Kinder- und Frauenturngruppen, die von Paul Adolphs und Paul Dreenhaus angeleitet wurden.

In die Zeit des Vereinslokalwechsels des Turnvereins fiel auch ein Wechsel der Besitzer der Kaiserhalle. In dieser Zeit verschwand auch die Fahne des Turnvereins von 1884, die sich Jahre später auf dem Speicher von Richard Urbahn wiederfand, der sie wohl aus Verärgerung einfach verschwinden gelassen hatte. Es wurde eine neue Fahne angefertigt.

Zu Fuß zum Handballspiel nach Burg

Die erste Witzheldener Handballmannschaft bestand aus Jugendlichen, von denen die ältesten gerade 20 Jahre alt waren. Die Turner fanden Gefallen an der neuen Sportart und es gab sogar schon „reine Handballspieler“, die kein Interesse an turnerischen Wettkämpfen hatten. Den Handballsport gab es in Deutschland seit 1919, und nach und nach widmeten sich auch die Turnvereine diesem neuen Feldspiel. Allerdings wichen die Regeln, soweit sie die Größe des Spielfeldes betrafen, voneinander ab. Das war auch einer der Gründe, die zu einer getrennten Austragung der Deutschen Handballmeisterschaft bis 1933 führte.

Der Turnverein nahm aber nicht an der Meisterschaft teil und führte nur Freundschaftsspiele durch. Man spielte gegen andere Mannschaften der Deutschen Turnerschaft in Hilgen, Burscheid, Langenfeld, Solingen, Burg und Remscheid. Regelrechte Meisterschaften wurden unter den Mannschaften des Westdeutschen Spielverbandes ausgespielt. Diesem gehörten u.a. Solingen 95, Höhrath, Union Wermelskirchen, HSV Bocklemünd und RSV Mülheim an.

Aufgrund fehlender Fortbewegungsmittel war das Handballspiel damals mit langen Fußmärschen verbunden. Nur selten konnte man einen fahrbaren Untersatz organisieren, geschweige denn bezahlen. Es gehörte schon sehr viel Idealismus dazu, wenn man dem Spiel mit dem runden Leder zugetan war.

Zu diesem Leder wäre noch zu sagen, dass es damals eher die Ausmaße eines heutigen Fußballs, als eines Handballes hatte. Aus diesem Grund kam es meist zu einstelligen Ergebnissen.

1933 Zentralisierung nach NS-Methoden

Die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten im Jahre 1933 begann sich auch auf das Vereinsleben auszuwirken. Am 28. April 1933 übernahm Hans von Tschammer und Osten, von Adolf Hitler zunächst als Reichssportkommissar, später als Reichssportführer eingesetzt, die Aufgabe, den Sport zu zentralisieren. Zentralisierung nach NS-Methode bedeutete vor allem: Auflösung aller eigenständigen Sportverbände, die allerdings auch wenig diesen Bestrebungen der neuen Machthaber entgegensetzten. So löste sich im Jahre 1935 die Deutsche Turnerschaft auf und ordnete sich dem staatlich gelenkten Reichsbund für Leibesübungen unter.

Der Verein fiel auseinander

Der Turnverein Witzhelden verkraftete diese Entwicklung nicht, da sich viele Mitglieder den NS Organisationen Jungvolk, Hitlerjugend, SA, SS und NSKK (Nationsozialistisches Kraftfahrerkorps) anschlossen oder mit dem Turnen ganz aufhörten.

Aber auch als 1937 im Vereinslokal „Kaiserhalle“ die SA einzog, hörte das Turnerherz einiger Witzheldener nicht auf zu schlagen. Man brachte die Turngeräte nach Metzholz in den Saal des Hauses Weltersbach und turnte dort weiter. Bemühungen, besonders von Richard Urbahn, den Turnverein wieder ins Leben zu rufen, scheiterten allerdings.

Die Nationalsozialisten bauten zwar im Jahr 1935 einen neuen Sportplatz am oberen Scharweg, (auf der Höhe der Sporthalle, quer zum heutigen Sportplatz) dieser Sportplatz hatte in seiner Funktion aber eine andere Zielsetzung: In den Jahren 1936/37 fanden dort Jungvolk-Veranstaltungen statt.

Der Platz wurde zeitweilig zur sog. Tingstätte. Man hob Gräben im Halbkreis aus und benutzte dann die aufgeworfenen Hügel als Sitzflächen. Am rechten Rand des Platzes wurde eine Wehrsportbahn für HJ und SA mit Kletterwand und Riesengrube errichtet. Zeitweilig standen bis zu 30 Zelte im Zeltlager auf dem Sportplatz. Wozu dies alles diente, wissen wir ja heute leider nur zu gut.

IV. 1946 – 1963

Schwere Neugründung nach dem Krieg

„Zur Neugründung des ehemaligen Turnvereins Witzhelden fanden sich die Unterzeichneten auf Einladung des Herrn Richard Urbahn am 30.3.46 in der Gaststätte Unshelm (Kaiserhalle) zusammen“. So lautet der erste Satz des Gründungsprotokolls nach dem 2. Weltkrieg; der Turnverein Witzhelden war wieder zum Leben erweckt worden. In diesem Protokoll heißt es weiter,
dass als Vereinslokal die Kaiserhalle wiedergewählt wurde und als Rasensport eine überwiegende Mehrheit für Handball stimmte.

Es ist ohne Zweifel eine bemerkenswerte Tatsache, dass der Verein nach 13 Jahren Nichtexistenz und nur 10 Monate nach Kriegsende noch so viele Freunde hatte, die sich entschlossen, den Turnverein neu zu gründen. Viele Mitglieder waren im Krieg umgekommen. Allein von der ersten Handballmannschaft von 1928 kehrten 6 nicht zurück. Andere waren noch in den Gefangenenlagern oder vermisst. Wie schon 1884 und 1920 nach dem 1. Weltkrieg, so fand sich auch jetzt wieder eine große Zahl von Turnfreunden zusammen: In die ersten Mitgliederlisten trugen sich 54 Witzheldener ein, um eine Mitgliedskarte des neuen (alten) Vereins zu bekommen.

Das Gründungsprotokoll unterzeichnen die Vorstandsmitglieder:

Richard Urbahn (I. Vorsitzender)
Max Claasen (Turnwart)
Ernst Unshelm (Sportwart)
Paul Adolphs (Schriftführer)
Eugen Kolk (Kassenwart)

Der Verein wächst

Wie berichtet, schrieben sich im Gründungsjahr 1946 54 Witzheldener in die Mitgliederlisten des Turnvereins ein. Am 1.1.1948 hatte der Verein bereits 126 Mit-
glieder (71 aktive Männer, 22 aktive Frauen und 33
passive Mitglieder). Die Handballer spielten mit mehreren Mannschaften in der Meisterschaft mit, und es gab sogar eine Damen-Handballmannschaft. Das Mädchenturnen war sehr gut besucht, allein beim Geräteturnen der Männer herrschte sehr mäßige Teilnahme.

Richard Urbahn: Er blieb „ne eijene Kopp“

Der 1. Vorsitzende des Turnvereins, Richard Urbahn, stellte sich gegen die Entwicklung des Vereins weg vom reinen Turnverein und wurde 1947 abgewählt. „De Urbahns Rich“, wie man ihn nannte, war, wie schon bekannt, ein recht impulsiver Mensch und reagierte auf seine Wahlniederlage stehenden oder besser gesagt fliegenden Fußes. Er sprang in Turnermanier mit einer Flanke über seinen Tisch und verließ im Laufschritt den Versammlungsraum. Diese Niederlage hat er wohl nie verwinden können, denn 1948 kam es sogar zu seinem Vereinsausschluss, da er den neuen Vorsitzenden Ernst Unshelm und andere Vereinsmitglieder beleidigt und sogar tätlich angegriffen hatte. Turner blieb er aber Zeit seines Lebens.

Nachdem er in Witzhelden mit seinen Vorstellungen kein Gehör fand, wechselte er zum Turnverein Großösinghausen und nahm unter anderem 1953 als 70jähriger am Deutschen Turnfest in Hamburg teil.

Probleme müssen gemeistert werden

Das Protokoll der Jahreshauptversammlung von 1949 zeigt auf, dass die politische Entwicklung dem Verein wieder einmal arg zu schaffen machte. Durch die Währungsreform entstanden erhebliche finanzielle Probleme. Das Gerätturnen war gänzlich zum Erliegen gekommen, und die im Vorjahr ins Leben gerufene Damen-Handballmannschaft mußte aus Mangel an Spielerinnen von der Meisterschaft abgemeldet werden.
Bei den anstehenden Wahlen gab es dann einen Wechsel an der Vereinsspitze. Der bisherige Vorsitzende Ernst Unshelm zog sich zurück, um sich fortan nur noch der Handballabteilung widmen zu können. Neuer Vorsitzender wurde Paul Adolphs, 2. Vorsitzender Walter Heinrichs, Schriftführer Herbert Becker und Kassenwart Karl Schäfer. Die beiden letzten Namen werden im Verlauf der Chronik noch öfter auftauchen.
Fußballabteilung für 10 Monate

Bereits am 12.5.49 wurde zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung eingeladen. Einziger Tagesordnungspunkt: Angliederung einer Fußballabteilung.

Nach z.T. heftiger Diskussion, in der sich vor allem die Vertreter der Handball-Abteilung hervortaten, die eine Zersplitterung und schließlich eine Existenzbedrohung des Vereins befürchteten, kam es dann zu einer geheimen Abstimmung, die eine neue Fußballabteilung ins Leben rief. Die Jahreshauptversammlung von 1950 war spannungsgeladen. Dies war schon aus der Tagesord-
nung ersichtlich. Punkt 4 lautete: „ Antrag der HandbaIl-Abteilung auf Loslösung der Fußball-Abteilung“.

Die Fronten schienen schon zu Beginn der Versammlung verhärtet. Die Fußballer weigerten sich, einen Kassenbericht abzugeben. Ernst Unshelm legte als Handball-Fachwart die Gründe für den geforderten Ausschluss der Fußball-Abteilung dar. Er verwies auf die unterschiedlichen Vereinslokale, fehlende Beitragsabrechnungen und Mitgliederlisten und stellte abschließend fest, dass es keinerlei Einigkeit und Zusammenarbeit mit der neuen Abteilung gäbe.

Alex Engels antwortete für die FußbaIl-Abteilung und kritisierte die fehlende Präsenz der Fußballer im Vorstand. Trotz dieser Einwände erfolgte schließlich die Abstimmung, die ein eindeutiges Ergebnis zur Folge hatte: Von 60 anwesenden Mitgliedern stimmten 46 gegen den Verbleib der FußbaIl-Abteilung. Daraufhin verließen die Fußballer geschlossen den Saal. Noch im gleichen Jahr gründeten sie dann den VfL Witzhelden.

Feldhandball mit Hindernissen

Mit Beginn der 50er Jahre wurde der Turnverein mehr und mehr zum Handballverein, d.h. das Turnen trat immer mehr in den Hintergrund. Für das Handballspiel stand der Platz am Scharweg zur Verfügung. Er befand sich dort, wo heute die neue Sporthalle steht. Umkleidemöglichkeiten gab es reichlich im angrenzenden Wald. Als Kleiderständer mussten dann die Fahrräder herhalten. Erst im Jahre 1959 wurde, nach langem Hin und Her mit der Witzheldener Gemeindeverwaltung, eine Blechbaracke als Umkleide- und Geräteraum aufgestellt.

Dem Platz konnte man seine Dorfnähe anmerken, denn er glich eher einem Acker als einem Sportplatz. Die Eckfahnen, falls solche vorhanden waren, waren im Sommer oft nicht zu sehen, und das dort wuchernde hohe Gras verschluckte so manchen Ball.

Schiebehandball in der Kaiserhalle

Schiebehandball, so wird man fragen, was ist denn das? Vielleicht so etwas wie Schiebung im Handball oder Foulspiel? Weit gefehlt! „Schiebehandball“ nannten die Jugendlichen im TV in den 5Oer Jahren das Spiel in der Kaiserhalle, das sie allwöchentlich im Kinosaal, ihrem Trainingsraum, als Vorbereitung auf die Hallenspiele in Solingen durchführten. Eine richtige Turnhalle gab es ja nicht und das freie Handballspiel im kleinen Kinosaal machten die Wirtsleute Fritz und Gertrud Unshelm nicht lange mit, denn fast an jedem Trainingsnachmittag war der Verlust von Lampen oder Fensterscheiben zu beklagen. Also schob man den Handball über den Boden, wobei umgelegte Tische als Tore dienten und der Arm wie ein Hockeyschläger „Schiebe“- und gleichzeitig „Wurfarm“ war. Dieses merkwürdige Training deutete auf eine Veränderung im Handballsport hin. Mit dem verstärkt betriebenen Bau von Sporthallen trat der Hallenhandball immer mehr in den Vordergrund. Der Niedergang des Feldhandballs begann.
Man muss die Feste feiern …

Vereinsleben und Geselligkeit sind zwei Begriffe, die immer schon eng miteinander verbunden waren. Das war bei den Gründervätern so und das hat auch heute noch Bestand. Schon 1947 feierte der TV seinen ersten „Bunten Abend“.
Mit den Jahren änderten sich zwar die Namen der Feste, die Tradition aber blieb. Immer gehörten natürlich sportliche Darbietungen mit ins Programm. Gerade in den ersten Jahren waren auch kleine Theaterstücke eine beliebte Bereicherung der Feier. Gefeiert wurde, wie konnte es anders sein, im Turnsaal des Vereinslokals. Die dort vorhandene Bühne kam den Wünschen der Veranstalter sehr entgegen. Die Vereinsfeste, die man auch als sportliche Werbeveranstaltungen ansehen konnte, waren in Witzhelden sehr beliebt und stets gut besucht. Dies galt auch für die große Karnevalsfeier am 16. Februar 1952. Die Bühne wurde festlich karnevalistisch geschmückt, es gab selbstverständlich auch einen Elferrat und den 1. Vorsitzenden Paul Adolphs als Sitzungspräsidenten, der als erster in die Bütt stieg. Für die musikalische Unterhaltung sorgten die Opladener Altstadtfunken.

Das im Mai gefeierte Frühlingsfest bekam in den 60er Jahren den Namen „Blütenfest“. Das Fest machte seinem Namen alle Ehre, denn der Saal der Kaiserhalle war überall mit den schönsten Blumen geschmückt. Umso schöner verliefen dann die Blütenfeste mit einem bunten Strauß lustiger und unterhaltsamer Darbietungen. Und waren die räumlichen Möglichkeiten auch sehr beschränkt, so war es doch immer sehr gemütlich – man war unter sich.

Als der Turnverein Anfang der 70er Jahre, vor allen Dingen aus Platzgründen, den Ort des Festes wechselte und aus dem Blütenfest ein Sommernachtsball in Oberbüscherhof wurde, so bedauerten das viele, denn an Ursprünglichkeit und Gemütlichkeit ging zwangsläufig etwas verloren. Aus dem Sommernachtsball wurde dann ein Herbstball, der ab 1975 den Namen Sportlerball erhielt. Viele namhafte Künstler und Artisten zeigten auf dem Sportlerball ihr Können. Er wurde zu einem festen Bestandteil des Vereinslebens.

Eine Chronik, die ja nur die als außergewöhnlich erachteten Ereignisse im Turnvereinsleben beschreibt, mag den Eindruck erwecken, dass die Vereinsarbeit immer so interessant und abwechslungsreich ablief. Das war sicherlich nicht so, denn es gab Zeiten, in denen das Vereinsleben ohne nennenswerte Vorkommnisse ablief. Hierzu gehörten auch die 50er Jahre.

In dieser Zeit tat sich im Verein reichlich wenig. Es wurde Handball gespielt, wobei man immer Sorge hatte, komplett antreten zu können; der Besuch der Turnstunden war nicht sonderlich gut und die finanzielle Lage des Vereins gab dem Kassierer keinerlei Anlass zu zufriedener Miene. Die Mitgliederzahl lag konstant um 100 und der häufige Wechsel bei der Besetzung der Vorstandsposten zeigte das wenig ausgeprägte Interesse, auf längere Zeit aktiv an der Vereinsarbeit mitzuwirken.
Premiere 1959: Turnen in der Turnhalle

Mit dem Jahr 1959 trat in vielen Bereichen ein Wandel ein. Dem Verein stand nun erstmals eine Turnhalle als Übungs- und Trainingsraum zur Verfügung. Leider entsprach die der Volksschule in Witzhelden-Flamerscheid angegliederte Halle nicht den für einen Handball-Spielbetrieb vorgeschriebenen Maßen. Dafür konnte aber das Angebot für sonstige Übungsstunden enorm erweitert werden.

Die vereinseigenen Turngeräte wurden in die neue Halle geschafft und der Schule zur Mitbenutzung zur Verfügung gestellt. Im gleichen Jahr wurde die schon erwähnte Blechbaracke auf dem Sportplatz aufgestellt. Der im Jahr 1959 neugewählte Vorsitzende Karl Schäfer, er folgte auf Ernst Unshelm (1953), Theo Becker (1954), Eugen Kolk (1955-57) und Karl-Heinz Ern (1958), hatte also einen verheißungsvollen Start. Sicher dachte er damals noch nicht daran, 16 Jahre 1. Vorsitzender zu bleiben. Karl Schäfer hat die Vereinsführung in einem günstigen Zeitpunkt übernommen und es war ohne Zweifel auch für den Verein günstig, dass Karl Schäfer dies tat.

Ein neues Kind der TV-Familie: Federball

Auf Anregung von Rudi Erz bildete sich 1960 eine Gruppe von Federball-Interessierten, die sich dann dem Turnverein als neue Abteilung anschloss.

Am 1. Juli erfolgte auf Antrag des neuen Abteilungsleiters Roland Breidenbach die Aufnahme in den Badminton Landesverband in Nordrhein-Westfalen. Die neue Halle hatte den Sport im weißen Dress erst möglich gemacht und schnell fanden sich Witzheldener, die dem Spiel mit dem leichten Federball zugetan waren. Sehr bald lernten die Witzheldener auch den Unterschied zwischen Federball und Badminton kennen.

Der Sportzweckverband

Am 25.8.1960 wurde in Witzhelden der sog. Sportzweckverband ins Leben gerufen. Es handelte sich um einen Verband, in dem, auf Anregung des Sportbundes Rhein-Wupper, das sportliche Geschehen in der Gemeinde koordiniert werden sollte. Dieser Gemeinde-sportbund sollte die Zusammenarbeit fördern und Probleme im sportlichen Sektor lösen helfen.

Dem ersten Vorstand des Sportzweckverbandes gehörten jeweils 3 Vertreter des TV und des VfL Witzhelden an. Er setzte sich wie folgt zusammen:

1.Vorsitzender: Hermann Krogel (TV)
2.Vorsitzender: Karl Hoppe (VfL)
Geschäftsführer: Karl Schäfer (TV)
Kassenwart: Herbert Arndt (VfL)
1. Beisitzer: Walter Wiedenhoff (TV)
2. Beisitzer: Klaus Zimmer (VfL)

Obwohl anfangs mit etwas Skepsis aufgenommen, entwickelte sich der Verband zu einer sehr sinnvollen Einrichtung, die bis zur kommunalen Neugliederung im Jahre 1975 Bestand hatte.

„Ski Heil“ im TV

Im Winter 1962 kam es im Turnverein zu bis dato einmaligen sportlichen Aktivitäten. Man machte es den Vereinen in Garmisch-Partenkirchen und Oberstdorf nach und führte die ersten Ski-Meisterschaften durch. Aufgrund der guten Schneeverhältnisse hieß es auf der „Platthaus Wiese“ in Meie „Ski-Heil“ und „Rodel Gut“. Auch in den beiden folgenden Jahren fanden Ski-Wettkämpfe statt. Wegen der etwas günstigeren Streckenführung wechselte man aber auf eine Wiese oder sollte man besser sagen Piste, bei Raderhof. 1965 nahm der Skisport im TV dann ein jähes Ende. Grund: Schneemangel.

Turnverein und Erntedankfest

Der Turnverein und das Witzheldener Brauchtum, das sind zwei Dinge, die zusammengehören. So ist es selbstverständlich, dass sich der Turnverein bei der Organisation und Durchführung des Witzheldener Volksfestes, dem am ersten Sonntag des Oktober gefeierten Erntedankfestes, aktiv und engagiert beteiligt. Das ist heute nicht anders als vor 50 Jahren.

Die Namen vieler Vereinsmitglieder findet man in den Planungsausschüssen wieder, der Turnverein betreibt den berühmten Reisbreiwagen, Abteilungen beteiligen sich mit Mottowagen und Fußgruppen am Festzug. Auf dem Marktplatz zeigen Tanzgruppen des TV ihr Können, wenn der Erntebaum aufgerichtet wird. Währenddessen sorgen viele TVler dafür, dass der gebratene Ochse verteilt und das Kölsch ausgeschenkt wird.
Für den Turnverein und viele seiner Mitglieder gehört die Mitwirkung beim Erntedankfest zum Vereinsleben dazu.
V: 1964 – 1984

Die Jahre des Aufschwungs

Was sich im Jahre 1959 durch den Bau der Schultumhalle andeutete, setzte sich in den folgenden Jahren immer deutlicher fort. Aufgrund des breiteren sportlichen Angebots schlossen sich immer mehr Witzheldener dem Turnverein an. Der verstärkte Zuzug aus den Städten nach Witzhelden, die sog. „Flucht auf`s Land“, die in den 60er Jahren einsetzte, übertrug sich direkt auf die Mitgliederzahlen des Turnvereins, ja übertraf sogar noch den prozentualen Anstieg der Einwohnerzahlen.

Im Jahr 1964 hatte der Verein 143 Mitglieder und bereits zwei Jahre später wurde zum ersten Mal die Zahl 200 überschritten, der Verein hatte damals 225 Mitglieder. Entscheidend für diese Entwicklung war in erster Linie auch das Engagement und der Tatendrang der Übungsleiter und des Vorstandes.

20. September 1965: Erste Turnstunde Schülerturnen

An die Eltern der Schülerinnen und Schüler der Gemeinde Witzhelden war ein Werbeblatt gerichtet, das 1965 auf ein neues turnerisches Angebot des Turnvereins aufmerksam machen wollte. In diesem Blatt, das in der Volksschule verteilt wurde, hieß es: „Der Turnverein Witzhelden hat es sich u.a. zur Aufgabe gemacht, das Schülerturnen innerhalb der Gemeinde Witzhelden zu fördern. Es ist uns nach langem Bemühen gelungen, eine geeignete Kraft zu finden, die in der Lage ist, das Schülerturnen nach den neuesten Methoden durchzuführen. Zu dieser nicht leichten Aufgabe hat sich Herr Sportlehrer Fohlmeister aus Leichlingen bereit erklärt.

Damit war das Schülerturnen im TV geboren worden und ein sehr wichtiger Schritt zur Aktivierung der Witzheldener Jugend getan. Der Weg des Turnens im TV war bis zu diesem Zeitpunkt alles andere als auf Rosen gebettet.

Schon in den ersten Jahren nach 1945 war das Interesse am Turnen bei den Männern wenig ausgeprägt. Die Mädchen- und Frauen-Turnriege war aufgrund der intensiven Arbeit unter Turnwart Paul Adolphs recht aktiv. In den Jahren 1949 und 50 gab es sogar eine Schülerturngruppe (Jungen 10- 14 Jahre), die von Wilfried Müller betreut wurde, ein Jahr darauf war im Vorstand allerdings kein Schülerturnwart (Turnwart = heute Übungsleiter) mehr vertreten. Ausschlaggebend hierfür, wie auch für die allgemeine Entwicklung des Vereins, war das Fehlen geeigneter Turnwarte, das wiederholt in den Protokollen der Jahreshauptversammlungen schmerzlich angemerkt wurde.

Das führte schließlich nach dem beruflich bedingten Weggang von Paul Adolphs und trotz einiger Erhaltungsversuche von Theo Becker, nach und nach zur Einstellung des Tumbetriebs im Turnverein. In den Jahren 1956 bis 1959 gab es im TV keinen Turnwart mehr, der Verein war ein reiner Handballclub geworden, der seine Mitglieder zu Turnübungen regelrecht anhalten musste.

Im Jahr 1960 erscheint dann neben dem Federballwart Roland Breidenbach auch der Turnwart wieder im Vorstand. Gewählt wurde Alfred Krogel. Dieser baute dann als Männerturnwart, zunächst mit seiner Ehefrau Herta und dann mit Mia Blasberg als Frauentumwartin das Erwachsenenturnen im Turnverein wieder auf. Die Folge war dann zwangsläufig die Konzentration auf die Jugend, die dann 1965 in der Gründung einer Schülerturngruppe ihren Anfang fand. Auf diese gesunde Basis bauend, veranstaltete der Turnverein im April 1966 zum ersten Mal eine Werbeveranstaltung aller Abteilungen in der Turnhalle Flamerscheid, die sehr großen Anklang fand. Der Verein wartete also nicht mehr auf neue Mitglieder, sondern forderte aktiv die Bürger auf, etwas für ihre Gesundheit zu tun und sich den einzelnen Abteilungen anzuschließen.

Da die Witzheldener dieses Angebot annahmen, war es ein günstiger Umstand, dass die Gymnastikhalle der Grundschule in Kuhle von kleineren Gruppen mitgenutzt werden konnte und so das Übungspotential noch erweitert wurde. Als erste begann am 18. Mai 1966 eine neue Frauenturngruppe unter der Leitung von Nanny Weber die Gymnastikhalle für Vereinszwecke zu nutzen. Mit 20 Frauen war das „Startkapital“ recht vielversprechend und die Kuhler Turngruppe entwickelte sich, trotz anfänglicher Bedenken seitens des Vorstandes, sehr positiv.

Erst 1967 erscheint die Turnabteilung im Vorstand wieder „in voller Blüte“. Oberturnwart Alfred Kogel hatte den Vorsitz im Turnrat, der von den einzelnen Abteilungen gewählt wurde und folgendes Aussehen hatte:

Turnwart Männer: Fritz Bock
Frauenturnwartin Witzhelden: Lore Becker
Frauenturnwartin Kuhle: Lore Höhmann
Jugendturnwartin: Christel Knörr
Schülerturnwartin: Hilde Schäfer

Neue Gruppen, neue Mannschaften, neue Abteilungen

Schauen wir einmal zurück, so war der Verein bis 1928 ein reiner Turnverein, in dem lange Jahre, wahrscheinlich bis 1910, nur männliche Mitglieder zugelassen waren. 1928 kam dann die Handballabteilung hinzu. Sie blieb die 2. Abteilung bis zum Jahr 1960 und rückte nach dem 2. Weltkrieg sogar an die erste Stelle. Als dann die Badminton-Abteilung hinzukam, „fuhr der TV dreigleisig“.

Ende der 60er Jahre, Anfang der 70er Jahre tat sich einiges im TV-Gefüge, es kamen neue Sportgruppen und Abteilungen zu den genannten dreien hinzu.

1969 gab es zum ersten Mal das „Mutter und Kind-Turnen‘. Es handelte sich um eine Turngruppe, die das sportliche Angebot nach unten hin, bis zu den Kleinkindern, erweiterte. Neben dem Turnerischen spielt hier vor allen Dingen der Kontakt unter den Mitwirkenden eine große Rolle: Der Kontakt unter den Kindern, vom Kind zur Mutter oder zum Vater und schließlich der Kontakt zwischen den Müttern, der vielleicht der wichtigste von allen ist. Diese Gruppe zeigt einmal mehr, welche bedeutende gesellschaftliche Funktion der Sport hat. Das Mutter und Kind-Turnen ist aus dem sportlichen Geschehen des Vereins nicht mehr wegzudenken.

Das gleiche gilt auch für das Gemeindesportfest, das im selben Jahr aus der Taufe gehoben wurde. Damit kam man dem Bedürfnis der Turner nach, sich auch in leichtathletischen Wettkämpfen messen zu wollen. Diese Sportart oder besser gesagt, diese Sportarten, waren ja schon in den 30er Jahren fester Bestandteil des Turnbetriebs und gehörten auch nach der Neugründung 1946 zum turnerischen Treiben dazu.

Besonders hervorzuheben sind aber die diesbezüglichen Aktivitäten in den 60er Jahren. Regelmäßig wurden damals die Landesturnfeste besucht. 1966 nahm der Turnverein mit 38 Jugendlichen an den Kreisjugendwettkämpfen in Opladen teil und konnte 25 Urkunden mit nach Hause bringen. 1967 waren es gar 42 Urkunden von 62 jugendlichen Teilnehmern. Im gleichen Jahr, beim Sportfest zum 100jährigen Bestehen des Nachbarvereins TG Burscheid, konnten sich viele Jugendliche in die Siegerlisten eintragen.

Unter anderem wurde die männliche B-Jugend 1. Sieger in der 4 x 100 m Staffel und die A-Jugend siegte im Kleinfeld-Handballturnier. Die Siege waren aber nie das Wichtigste bei diesen Fahrten; was zählte, waren das Miteinander, die Gemeinschaft und die Freude am Sport.

Außergewöhnlich erfolgreich war und ist der Verein bei der Sportabzeichen-Aktion. Von 1966 an wurde der TVW jedes Jahr mit einer Urkunde des Landessportbundes ausgezeichnet und war in den Jahren 1966, -68 und -69 erster im Kreissportbund Rhein-Wupper. Solche Erfolge sind nur möglich, wenn es Männer und Frauen gibt, denen die Zeit nicht zu schade ist, sich intensiv um diese Belange zu kümmern. Seit 1960 war die Sportabzeichenabnahme unter der Obhut von Hermann Krogel. Von 1966 bis 1976 leiteten Karl Schäfer und Herbert Becker die Aktion, deren Leitung dann von Adolf Marks und 1979 von Erich Lettermann für die Senioren, sowie von Giesela Schaaf für die Kinder übernommen wurde. Nur durch Engagement und Initiative war es möglich, dass im Jahr 1970 der Damenhandball „wiederbelebt“ wurde. Die ersten Lebenszeichen hielten leider nicht lange an und es bedurfte eines dritten Anlaufs durch Rudi Trakle im Jahr 1975, um den Damenhandball endgültig und nachhaltig „zum Leben zu erwecken“.

Vom Ping- Pong zum Tischtennis

Fast jeder Jugendliche hat einmal, mehr oder weniger erfolgreich, das Spiel mit dem kleinen weißen Plastikball betrieben und einige haben auch die dazugehörige Spielplatte im Keller oder in der Garage stehen. Vom Tischtennis als Hobbysport zum Turniersport ist es, wie vom Federball zum Badminton, noch ein gutes Stück Weg.

Im Jahr 1970 begannen einige Witzheldener, meist Mitglieder des Turnvereins, die ersten kleinen Schritte auf diesem Weg zu gehen. Als Raum diente dazu die kleine Gymnastikhalle der Grundschule in Kuhle. Viele TVer versuchten sich dort einmal in einer anderen Sportart, doch kehrten sie ihrer „Heim-Abteilung“ nicht den Rücken. So dauerte es immerhin 6 Jahre, bis sich mehr und mehr nur „reine“ Tischtennisinteressenten in Kuhle einfanden und schließlich mit einer Mannschaft die erste Meisterschaft in Angriff nahmen.

Am Ende der Saison sprang immerhin ein beachtlicher 2. Tabellenplatz heraus. Die „Mannschaft der ersten Stunde“ bestand aus: Günter Pohl, Karl-Heinz Potocnik, Wolfgang Langner, Gerd Bunk, Karl-Heinz Zech und Rüdiger Neumann. Bereits in der Saison 78/79 konnte die verstärkte Seniorenmannschaft den 2. Platz erreichen, der zum Aufstieg in die Kreisliga berechtigte.

Turnen und Sport für Jedermann

Nachrichten über Siege, Platzierungen, Rekorde und Meisterschaften können die Turner und Turnerinnen, als Namensgeber des Vereins, nur äußerst selten vermelden. Dass die Turnabteilung als zahlenmäßig größte des Vereins, in den 60er Jahren ebenfalls enormen Zuspruch erhielt, lässt sich aus einer Auflistung im Mitteilungsblatt für die Gemeinde Witzhelden vom 12. September 1970 entnehmen.

Damals gab es 8 Turngruppen in Witzhelden und 2 Turngruppen in der Kuhler Turnhalle. Um die Fülle des sportlichen Angebots zu verdeutlichen, sollen hier einmal alle Turngruppen aufgeführt werden.

Turnhalle Witzhelden

Mutter und Kind Turnen (Frau Heissel)
Kinderturnen 4- 7 Jahre (Frau Dabringhaus)
Schüler Turnen 8- 12 Jahre (Herr Fohlmeister)
Schülerinnen Turnen 8- 10 Jahre (Frau Knörr)
Frauen-Gymnastik und Turnen (Frau Weber)
Männer-Turnen-Gymnastik -Bewegungsspiele
(Herr Bock)

Turnhalle Kuhle

Kinderturnen 4- 6 Jahre (Frau Thilker)
Kinderturnen 6- 8 Jahre (Frau Höhmann)
Schon damals war es also möglich, beginnend mit 2 Jahren, ununterbrochen im Turnverein zu turnen. Welche Arbeit hierbei die Übungsleiterinnen und Übungsleiter leisteten (und leisten), kann nicht genug gewürdigt werden. Nur wer einmal selbst mit 30 und mehr Kindern Sport getrieben hat, kann ermessen, welche Mühe, aber auch wieviel Freude, das Turnen mit Kindern bereiten kann.

In die Turnabteilung integriert wurde der Anfang der 70er Jahre propagierte Jedermannsport. So wurden im Zuge dieser „Trimm Dich-Welle“ der erste Volkslauf und das erste Volkswandern durchgeführt. Gerade diese Veranstaltungen fanden sehr großen Zuspruch auch von auswärts. Die reizvolle Landschaft in und um Witzhelden zog Läufer und Wanderer aus vielen Teilen der Bundesrepublik und sogar aus dem Ausland an. Zunächst nur mit vier Bergischen Mannschaften führten bereits 1969 die sich aus der Männerturnabteilung rekrutierenden Faustballer ein erstes Turnier durch. Die teilnehmenden Mannschaften waren neben dem Veranstalter der TV Bergisch Neukirchen, die TG Burscheid und der PSV Opladen.

Das Ende des Feldhandballs

Im Juni 1971 werfen große Veränderungen ihre Schatten voraus. Die Gemeinde beginnt mit dem Neubau des Sportplatzes am Scharweg. Im 0lympiajahr 1972 war dann die Einweihung. Besonders die Handballer hätten nun jubeln müssen, aber dazu war kein Anlass mehr, denn das Feldhandballspiel siechte immer mehr dahin. So war der Spielplan des Jahres 1971 dreigeteilt:

Januar -März: Hallenhandball Rückrunde der Vorsaison
April- August: Feldhandball Meisterschaft
September -Dezember: Hallenhandball Hinrunde
Zwar versuchte die Handballabteilung den neuen Platz verstärkt zu nutzen und veranstaltete 1974 zum ersten Mal ein Großfeldturnier, aber immer mehr Mannschaften meldeten sich von der Feldhandballmeisterschaft ab und waren auch für Großfeld-Turniere nicht mehr zu begeistern. Im Jahr 1975 war dann endgültig Schluss mit dem Feldhandball und der schöne neue Sportplatz den Fußballern und Leichtathleten überlassen. Das bedeutete aber nicht, dass der Handballsport in Witzhelden einen Einbruch erlebte. Trotz der prekären Hallen- und Trainingssituation in der viel zu kleinen Turnhalle der Schule Flamerscheid, meldete die Abteilung 1975 acht Mannschaften zur Meisterschaft an. Das waren 4 Jugend- (A -D), 3 Senioren- und eine Damenmannschaft.

Entscheidend für diese äußerst gesunde Basis war (und ist) die kontinuierliche und konzentrierte Jugendarbeit. Hier müssen allen voran die Namen Josef Hasenbeck (Mitte der 60er Jahre), Rudi Krogel (Ende der 60er Jahre) und Michael Jung (Anfang der 70er Jahre) genannt werden, ohne deren Einsatz und Idealismus die Handballabteilung nicht die positive Entwicklung hätte nehmen können. Das gilt in gleichem Maße für die Abteilungsführung, bei der nach der Neugründung 1946 Ernst Unshelm, Karlheinz Ern, Bernd Steffens, Hans Jenniges, ab 1971 Harald Wiedenhoff und seit 1977 Rolf Schwarz für engagierte und beharrliche Aufbauarbeit verantwortlich zeichneten.

Badminton-Hochburg Witzhelden

Trotz der sehr ungünstigen Bedingungen (Einfeldturnhalle) stieg die 1. Badmintonmannschaft 1971 in die Verbandsklasse auf. Die Abteilung dokumentierte damit ihren hohen Leistungsstandard. Zwar musste die Mannschaft in der Saison 74/75 durch einen neu geregelten Auf- und Abstieg leider wieder den Weg in die Bezirksklasse antreten, schaffte aber im darauf folgenden Jahr den Wiederaufstieg in die Verbands-
klasse.

Und nun setzte etwas ein, woran wohl keiner so recht glauben wollte. Der 1. Mannschaft gelang in einer Art Durchmarsch als Aufsteiger auf Anhieb der Aufstieg in die Landesliga und nach einem Jahr der Erfahrungssammlung in dieser hohen Spielklasse mit unveränderter Mannschaft in der Saison 1978/79 der Landesliga Gruppensieg und damit der Aufstieg in die Oberliga. Das war schon eine Sensation, denn die Oberliga ist die höchste Spielklasse in Nordrhein-Westfalen.

Damit zählte der TV Witzhelden zu den 12 spielstärksten Vereinen im gesamten Bundesland NRW. Als Anerkennung dieser Erfolge wurde die 1. Badmintonmannschaft 1977, im ersten Jahr der Verleihung, zur Mannschaft des Jahres in Leichlingen gewählt.

Zu der in Qualität als hervorragend einzustufenden Leistung, kam auch die Quantität hinzu. Im Jahr 1978 nahm die Abteilung Badminton mit 5 Senioren-, einer Jugend- und einer Schülermannschaft, also insgesamt 7 Mannschaften, an der Meisterschaft teil. Im Zuge der Erfolgswelle veranstaltete der TV im Juli 1975 die ersten Leichlinger Stadtmeisterschaften und im Mai 1976 das 1. Rhein-Wupper-Turnier in der Leichlinger Turnhalle am Hammer.

Die Aktivitäten der Abteilung beschränkten sich aber nicht nur auf Turniere und Meisterschaft, also auf Punkte und Siege, sondern auch die Geselligkeit stand und steht immer im Mittelpunkt der Geschehnisse. Die Badmintonabteilung gilt mit Abstand als reisefreudigste. Sie hat den Namen TV Witzhelden in nah und fern bekannt gemacht und ihm zu einem guten Klang verholfen. Einen großen Anteil daran hatten die Abteilungsleiter Herbert Breidenbach und Dr. Ulrich Henkels, die jeweils über 10 Jahre das Profil der Badminton-Abteilung prägten.

1.1.1975: Kein TV Leichlingen 2

Am 1. Januar 1975 wurde die schon Jahre zuvor geplante kommunale Neugliederung in die Tat umgesetzt; Witzhelden war nun keine unabhängige Gemeinde mehr und wurde zum LeichIinger Stadtteil „degradiert“. Witzhelden war postalisch gesehen nur noch eine Nummer, nur LeichIingen 2. Mit dieser Veränderung konnten sich zunächst viele Witzheldener nicht so recht anfreunden. Zudem hatte man der Gemeinde ihre 125 Jahr Feier im Jahre 1976 gründlich verdorben. Zumindest aber hatte der Gemeinderat der neuen Verwaltung in Leichlingen „einiges mit auf den Weg gegeben“.

Aus Turnvereinssicht war etwas von besonderer Bedeutung: Im Gebietsänderungsvertrag war der Bau einer Großsporthalle festgeschrieben worden. Die Frage war nur: Wann wurde dies in die Tat umgesetzt?

Karl Schäfer gibt nach 16 Jahren den Vorsitz ab

Der Turnverein erlebte im Jahr 1975 einen weiteren Wechsel. Karl Schäfer legte in der Jahreshauptversammlung sein Amt als 1. Vorsitzender nieder, das er seit 1959 sechzehn Jahre lang inne gehabt hatte. Bereits ein Jahr zuvor war er mit der Ehrennadel und Urkunde des Deutschen Turnerbundes ausgezeichnet worden und wurde 1976 zum Ehrenvorsitzenden des Vereins ernannt.

Karl Schäfer hatte sich mit Leib und Seele dem Turnverein verschrieben und beeinflusste die Entwicklung des Vereins in entscheidender Weise. Gerade die Kontinuität in der Vereinsführung machte es möglich, dass im Jahr 1975 jeder zehnte Witzheldener Bürger Mitglied im Turnverein war, der Verein ein solches Ansehen genoss und ihm große Sympathien entgegengebracht wurden.

Karl Schäfer übergab sein Amt an keinen Unbekannten. Zum neuen Vorsitzenden wurde der bisherige 2. Vorsitzende Rudi Krogel gewählt, der, mit Unterbrechungen, dem Vorstand seit 1958 angehörte. Ihm zur Seite stand weiterhin als Geschäftsführer Herbert Becker, der 1948 zum ersten Mal als Kassierer in den Vorstand eintrat und dann seit 1967 ununterbrochen die Geschäftsführung innehatte.

Das erste Jahr des Wirkens des bis auf wenige Posten völlig neu besetzten Vorstandes, war von mannigfaltigen Aktivitäten und Erfolgen gekennzeichnet. In Stichworten: 92 Sportabzeichen wurden errungen, Handball A-Jugend nimmt an einem Turnier in Schweden teil, Werbeaktion des Turnvereins sehr erfolgreich, gutes Abschneiden der Badmintonspieler bei westdeutschen
und Kreismeisterschaften, Volkswandern und Volkslauf immer beliebter, Tischtennismannschaft trägt das erste Meisterschaftsspiel aus, 8 Handballmannschaften nehmen an der Meisterschaft teil. Aber auch: Wegfall von Zuschüssen durch die kommunale Neugliederung, Überfüllung der Turnhallen in Flamerscheid und Kuhle.

Abschied von der Kaiserhalle

Nach vielen langen Gesprächen und mehrmaligen Aufschüben und sicherlich nicht mit leichtem Herzen, aber aufgrund der veränderten räumlichen Bedingungen gezwungenermaßen, gab der Turnverein 1976 die Kaiserhalle als Vereinslokal auf und brachte seine Urkunden und Preise sowie die, Fahne und andere Erinnerungsstücke ins „Hotel zur Post“.

So nahm eine fast 90jährige Verbindung ein Ende, die doch so fruchtbar hätte weiter bestehen können.

Kein Platz für Turner

Im Jahre 1977, also 2 Jahre nach der Eingemeindung nach LeichIingen, platzten die Übungsstunden des Turnvereins aus allen Nähten, d.h. fast alle Hallenstunden waren total überbelegt, es fehlte an Übungszeiten und an Übungsraum. Diese Situation hatte sich nicht „über Nacht“ eingestellt, sondern war das Ergebnis jahrelanger, erfolgreicher Vereinsarbeit. Denn eine Überbelegung der Trainingsabende heißt: Der Verein ist auf dem richtigen Weg, sein qualifiziertes sportliches Angebot wird von der Bevölkerung angenommen, ja man könnte sagen, dringend benötigt.

Schon im Jahr 1972, der Verein hatte damals fast 500 Mitglieder, hieß es in den Berichten der Abteilungsleiter: „In den Abteilungen Mutter und Kind Turnen, Kinderturnen Witzhelden und Kuhle, Schülerturnen, Turnen weibliche Jugend, Frauengymnastik Witzhelden und Kuhle, und Männerturnen ist die Beteiligung an den wöchentlichen Übungsstunden sehr groß, so dass evtl. bei einzelnen Sparten eine Teilung in Erwägung gezogen werden müsste. Ein Jahr später heißt es im Protokoll der Jahreshauptversammlung: In allen Berichten der Fachwarte klang immer wieder der Wunsch und die Hoffnung an, bald eine große Sport- und Mehrzweckhalle in Witzhelden zu haben.

Dieser Wunsch wurde in den folgenden Jahren noch verstärkt, denn durch die sehr wirkungsvolle Werbeaktion von 1975 stieg die Mitgliederzahl bis 1978 auf 750 an.
Eine Entlastung des Übungsbetriebes und für die Abteilungen Handball und Badminton ohne Zweifel eine enorme Leistungssteigerung, brachten die ab 1975 möglichen Übungsstunden in der Leichlinger Realschul-Turnhalle. Die insgesamt zehn Übungsstunden ( 4 Handball, 4 Badminton, 2 Faustball) wurden entsprechend intensiv genutzt.

Zum ersten Mal, seitdem es den Hallenhandball gab, konnten die Handballer auf normalem Spielfeld trainieren und was noch wichtiger war, in eigener Halle spielen. Man hatte zum ersten Mal Heimspiele, obwohl die Heimat 8,5 km entfernt im Höhendorf Witzhelden lag.

Die Badmintonspieler waren erstmals in der Lage, auf mehreren Spielfeldern gleichzeitig zu trainieren und ihre Meisterschaftsspiele auszutragen. Die Erfolge ließen nicht lange auf sich warten. Die 1. Badmintonmannschaft stieg, wie berichtet, 1976 in die Landesliga und 1979 sogar in die Oberliga auf. Die Handballabteilung konnte 1977 sogar den Aufstieg zweier Mannschaften vermelden.

Die Situation des Vereins hatte sich aber nur kurzfristig entspannt, denn die wenigen in der Witzheldener Turnhalle freiwerdenden Übungsstunden wurden sogleich von anderen Gruppen in Anspruch genommen.

Turner rufen „Initiativkreis Großsporthalle“ ins Leben

Der Vorstand des TV konnte und wollte dieser Situation nicht tatenlos zusehen und ging in die Offensive. In der Jahreshauptversammlung 1976 rief der Verein einen „Initiativkreis Großsporthalle“ ins Leben, in dem auch, wenn auch nur sporadisch, Mitglieder anderer Witzheldener Vereine mitarbeiteten. Die Argumentation des Initiativkreises war durch die Überbelegung der Trainingsstunden nur zu deutlich gegeben. Es galt nun, diese Argumente in der Presse publik zu machen und die entscheidenden Stellen und Stelleninhaber im LeichIinger Stadtrat auf das Fehlen der Großsporthalle und den Gebietsänderungsvertrag deutlich hinzuweisen.

Dass im Jahr 1977 schließlich der Bau der Sporthalle offiziell zugesichert wurde, war auch ein Verdienst des Initiativkreises und seiner Aktivitäten. Hier müssen an erster Stelle die Namen Dr. Ulrich Henkels und Hans Gonska genannt werden, die sich besonders für den Bau eingesetzt haben. Im Oktober 1979 schließlich wurde die neue Sporthalle ihrer Bestimmung übergeben.

Der Verein wird Besitzer einer Sportanlage

Viele Mitglieder erfuhren zum ersten Mal in der Jahreshauptversammlung 1977 von der Gründung einer neuen Tennisabteilung, die am 8.11.76 auf Anregung von Dr. Peter Heissel und Hans Gonska die Aufnahme in den Verein beantragt hatte. Um den Bau von zunächst zwei Tennisplätzen finanzieren zu können, war eine Satzungsänderung notwendig, denn Eintrittsgebühren und Abteilungsbeiträge gab es im TV bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Der Satzungsänderung wurde einstimmig zugestimmt und somit konnte der Bau der Tennisplätze am Sportzentrum beginnen. Bis zur Einweihung im August 1978 mussten noch viele Probleme gemeistert werden, aber seit diesem Jahr ist der Turnverein Besitzer einer Sportanlage.

Das Interesse an diesem neuen Sportangebot im TV war so groß, dass schon im Jahr 1981 ein dritter Platz gebaut werden konnte. Ein vom RSV Witzhelden erworbenes Clubhaus rundete schließlich die Tennisanlage sinnvoll ab.

17.12.79: TV ohne Vorstand

Als im Januar 1979 die neue Geschäftsstelle eröffnet und im Herbst die Sporthalle eingeweiht wurde, schien die Welt des Turnvereins so rosig wie selten. Hatte man doch erreicht, wovon so lange nur geträumt werden durfte. Aber dunkle Wolken zogen am Vereins-
himmel auf. Im Vorstand des Vereins, dem noch alle Abteilungsleiter angehörten, gab es Differenzen über die Abstimmung der Leitlinien der Vereinsführung. Dies führte schließlich am 17.12.1979 zum Rücktritt des gesamten Vorstandes. Die Situation war neu in der Vereinsgeschichte, aber auch diese Probleme konnten gemeistert werden. Bis zur außerordentlichen Jahreshauptversammlung im Mai 1980 arbeitete ein von der Mitgliederversammlung gewähltes 10köpfiges Gremium neue Satzungen und damit neue Richtlinien der Vereinsführung aus. Dem Turnverein sollte nunmehr ein neuer Vorstand vorstehen, dem nur noch der 1. und 2. Vorsitzende, der Geschäftsführer, der Jugendwart und zwei Beisitzer angehören sollten.

Die Abteilungsleiter hätten somit keine Stimme mehr im Vorstand, abteilungsinterne Probleme würden aus der Vorstandsarbeit herausgehalten.

Die neue Satzung, die noch in anderen Punkten eine Änderung erfuhr, wurde auf der Jahreshauptversammlung im Mai angenommen und Rudi Krogel erklärte sich bereit, den Vorsitz des Vereins weiterhin zu übernehmen. Er wurde daraufhin einstimmig von der Versammlung gewählt.